Eine Rektusdiastase ist gekennzeichnet durch das Auseinanderweichen der Bäuche der graden Bauchmuskulatur und ist im letzten Trimester der Schwangerschaft absolut physiologisch, also normal. Unter den hormonellen Veränderungen der Schwangerschaft werden diese Muskelbäuche weicher und dünner, um dann dem wachsenden Bauchumfang Platz zu machen. Zwischen den Muskeln befindet sich fasziales Gewebe, die Linea alba. Auch diese gibt dem zunehmenden Bauchvolumen nach, indem sie sich dehnt…manchmal kommt es hier auch zu strukturellen Einrissen.

Beckenboden und Bauchmuskeln

Bei den meisten Frauen bildet sich die Diastase nach der Entbindung von alleine zurück-nach Entbindung sollten in der manuellen Testung nicht mehr als 1-2 Querfinger zwischen die Muskelbäuche passen. Alles was breiter ist wird dann weiterhin als Diastase bezeichnet und sollte im Rahmen der Rückbildung besondere Beachtung finden. Im Allgemeinen sagt man, dass der Körper für die Rückbildungsprozesse, also die Wiederherstellung der körperlichen Funktionen in den Zustand vor der Schwangerschaft solange braucht wie die Schwangerschaft selbst…also etwa 10 Monate. In der osteopathischen Theorie werden sogar Zeiträume von 3 Jahren angegeben.

Eine bestehende Diastase zwischen den langen Bauchmuskeln kann Auswirkungen auf viele Körperfunktionen haben. Grundsätzlich kann ein Rumpf mit Rektusdiastase keine abdominellen Drücke-also Druckerhöhungen im Bauchraum aushalten. Das bedeutet, dass die Frauen z.B. beim Husten oder Niesen den entstehenden Druck im Bauchraum nicht halten können und dieser z.B. Richtung Beckenboden weitergeleitet wird…eine Ursache für eine Belastungsinkontinenz. Zudem kann es Rückenschmerzen verursachen, weil die sogenannte Bauchkapselspannung, also die Spannung zwischen Bauch-, Beckenboden –und Rückenmuskulatur, welche wir brauchen wenn wir z.B. das Baby oder die Karre hochheben, nicht gehalten werden kann.

Warum dieses bei manchen Frauen von alleine geschieht und bei anderen selbst mit Training schwierig ist weiß man nicht genau. Es gibt auf jeden Fall Faktoren die das Aufrechterhalten oder sogar Verschlechtern der Diastase begünstigen. Neben genetischen Faktoren wie z. B. einer allgemeinen Hypermobilität also generellen Überbeweglichkeit im Bindegewebe und einer langen Austreibungsphase unter der Geburt ist hier falsches Alltagsverhalten zu nennen: Heben unter Pressatmung, Aufstehen aus dem Bett über die Rückenlage, zu frühes Joggen/Hüpfen/Springen, falsches Toilettenverhalten mit Pressen beim Stuhlgang.. um nur ein paar Beispiele zu nennen. Auch zu frühes und falsches Training der Bauchmuskulatur ist hier ein wichtiger Faktor: trainiere ich mit einer Diastase zu schnell und mit den falschen Übungen kann es sein, dass ich sie sogar noch verstärke!

Aktueller Stand der Wissenschaft (Diane Lee) ist, dass es gar nicht vorrangig um die Breite der Diastase geht-vielmehr legen wir in der Therapie unser Augenmerk auf die Stabilisierung des Gewebes zwischen den Muskelbäuchen, der Linea alba. Wird diese durch gezieltes Körpermittetraining und manueller Behandlung wieder stabiler und kann Spannung übertragen, so ist auch eine etwas breitere Diastase unter Umständen kein Problem mehr.

Podcastfolge zum Thema Rektusdiastase mit Glücksmama Berlin Kristina Basiner:

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Blogartikel: Was hat der Beckenboden mit meiner Rektusdiastase zu tun?

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So sieht Dein Beckenboden aus wenn wir von unten zwischen den Schamlippen/am Damm schallen

Das ist ein Ultraschallbild der beiden graden Bauchmuskeln Mm. Recti abdomini mit der Faszie Linea alba dazwischen-ist diese sehr weich und überdehnt sprechen wir von einer Rektusdiastase

So sieht Dein Beckenboden aus wenn wir ihn vom Bauch aus schallen: wie eine Hand hebt er sich von unten gegen die Blase

Wenn sich eine Mama bei mir meldet, weil sie eine Rektusdiastase hat oder zumindest vermutet dass es eine sein könnte, erkläre ich ihr am Telefon, dass wir zunächst eine Untersuchung ihres Bauches, ihres Rückens, ihrer Atmung, ihrer Körperstatik und vor allem ihres BECKENBODENS machen bevor ich eine Aussage zu ihrer Problematik machen kann.

Dass die Rektusdiastase ein multifaktorielles Problem ist, also nicht nur den Bauch sondern die gesamte Rumpfkapsel betrifft, ist weitestgehend bekannt. Damit ist das Zusammenspiel der Systeme, die wir in der Therapie als Rumpfkapselsystem, Innerer Zylinder, Innerer Kanister etc. bezeichnen, gemeint, also das Zusammenspiel aus Bauchmuskulatur, Beckenboden, Rückenmuskulatur und der Atmung.

Es reicht therapeutisch gesehen nicht aus, sich nur den Bauch anzusehen. Und es kann auch gut sein, dass eine Rektusdiastase besteht, diese aber stabil ist und absolut nichts mit dem Problem der Frauen zu tun hat, mit dem sie sich bei mir vorstellen. Es geht darum herauszufinden, wer „Huhn“ und wer „Ei“ ist, welcher Körperabschnitt also eine Dysfunktion hat und welcher vielleicht nur auf diese reagiert.

Der Beckenboden ist über Faszienzüge direkt mit der Bauchmuskulatur verbunden, er hat also direkt die Möglichkeit auf die Stabilität eurer Bauchdecke einzuwirken. Stellt euch das anhand eines weiten Hemdes vor, welches ihr über der Hose tragt: so locker ist eure Bauchdecke nach einer Entbindung. Wenn ihr nun dieses Hemd in die Hose steckt und an eurem Körper straff zieht, formt das Hemd euren Rumpf – und genau das macht der Beckenboden mit eurem Bauch: er strafft und stabilisiert ihn von unten. Da der Beckenboden in der Regel nach einer Entbindung überdehnt und schwach ist, ist es also unabdinglich, ihn in ein Behandlungskonzept einer Rektusdiastase einzubeziehen. „66% der Frauen mit einer Rektusdiastase haben auch eine Beckenbodenschwäche“ (Spitznagel 2007)

Hier siehst Du eine Rektusdiastase in der Sit-up-Situation: die Linea alba ist instabil und drückt sich nach innen, die Rektusbäuche schieben sich mittig zusammen. Bei einer stabilen Bauchdecke würde die Linea alba die Spannung aufnehmen und die Bauchmuskeln in Position halten

Hier siehst Du Deine schrägen Bauchmuskeln, sie liegen wie 3 Finger übereinander: ganz unten der tiefe M.transversus abdominis, in der Mitte der M. obliquus internus und oben der M. obliquus externus